"Work and travel" in Australien

Wie Christopher sein Jahr im Ausland erlebt hat, erzählt er uns im Interview

Christopher wollte schon als kleines Kind unbedingt nach Australien. Konkret wird dieser Traum, nachdem er die Schule abgeschlossen hat und über Youtube einen Kontakt nach Port Lincoln herstellt. Dort werden zu Forschungszwecken Haie gefangen, markiert und wieder in die Freiheit entlassen. Anschließend ist es möglich, anhand der Markierung Ruten, Wachstum und andere Daten zu erfassen. All das hat er im Internet gesehen und einfach gefragt, ob er dabei helfen dürfe. Er durfte und damit begann die Planung seines ganz persönlichen Trips nach Australien.

 „Ich bin jemand, der gerne alles im Vorfeld plant und schon Monate vorher den Koffer gepackt hat. Ich habe mir einen Backpack-Rucksack gekauft und im Internet Videos, Erfahrungsberichte und Packlisten geschaut, was man auf solchen Trips braucht: Wanderschuhe, Kleinigkeiten.“

Trotz Work–and–travel empfiehlt es sich im Vorfeld etwas Geld anzusparen. So hat Christopher nach der Schule erst einmal gejobbt um Geld zu verdienen. Neben Ausrüstung fallen auch Reisekosten an. Es muss ein spezielles Visum beantragt werden (Working Holiday Visum, ca. 310€) sowie ein Kontoauszug mit etwa 3000€ nachgewiesen werden. Außerdem hat sich Christopher für den Anfang die Unterstützung einer Agentur gesichert, was mit ca. 500€ Kosten verbunden ist.

„Das habe ich hauptsächlich so gemacht, weil ich da etwas Sicherheit hatte und mir einige Aufgaben abgenommen wurden, Hotel und Unterkunft am Anfang, Infos über Jobs.... So kann man sich im Vorfeld schon um eine SIM- Karte, Bankkonto, Arbeitserlaubnis und andere Sachen kümmern. Man kann das zwar selbst machen, aber es waren schon ein paar Sorgen weniger. Allein wegen der Kontakte ist es kein verschwendetes Geld."

Genau diese Kontakte sind es dann auch, die Christopher quer über den Kontinent führen und ihn von einem Job zum anderen verhelfen. Neben der klassischen Farmarbeit als Erntehelfer für Himbeeren, Zucchini und Gurken sammelt Christopher Geld für einen Zoo, arbeitet für eine Leihfirma auf diversen Baustellen, auf einem Kreuzfahrtschiff oder parkt Fahrzeuge ein. Er organisiert Kurztrips und Angelausflüge und arbeitet in einer Fischfabrik. Wenn es mal nicht klappt mit einem Job hält er sich mit sogenannten „WOOFING“ über Wasser. Das ist eine Datenbank, in der man für eine geringe Gebühr Zugriff auf ökologisch arbeitende Landwirtschaftsbetriebe erhält, die einem Unterkunft und Verpflegung gegen eine tägliche Arbeitszeit von ca. 4 Stunden anbieten. Und natürlich verschlägt es ihn auch nach Port Lincoln, wo er endlich in Kontakt mit den Haien kommt.

„Man muss einfach nur reden mit den Leuten. In Hostels hat man mit anderen Backpackern zu tun, die ihre Kontakte weitergeben, Später in Wohnungen und WGs kommt man mit Australien und Australiern direkt in Kontakt. Internet ist außerdem extrem wichtig, etwa Facebook Gruppen. Dort gibt es nicht nur Jobangebote sondern auch Erfahrungsaustausch. Der Austausch dort ist extrem hilfreich. Auch in anderen Plattformen kann man Profile erstellen und Jobgesuche posten. Arbeitgeber können dich dann kontaktieren. Außerdem kann man auch Dinge kaufen und verkaufen: Fahrräder, Camping-Vans etc. Viel läuft eben übers Handy, über Email und SMS.“

Natürlich gibt es auch immer wieder Momente, in denen etwas nicht funktioniert, man sich einsam oder überfordert fühlt oder schlichtweg nicht mehr weiß, was als nächstes kommt. Dazu hat Christopher aber eine ganz pragmatische Einstellung entwickelt:

„Das sind kurze Rückschläge, die dann aber beim nächsten Mal wieder durch gute Erfahrungen ersetzt werden. Man sollte sich davon nicht demotivieren lassen oder gar zurückfliegen. Dann muss man sich wieder neu ordnen und was Neues suchen. Wenn man will klappt das auch.“

Neben der Arbeit soll auf so einer Reise natürlich auch die Freizeit nicht zu kurz kommen. Neben den imposanten Städten wie Melbourne und Sydney hat Australien vor allem eine einzigartige Natur und Umwelt zu bieten.

„Man hat an den Wochenenden neben der Arbeit viele Möglichkeiten, da man ja in einem Urlaubs-gebiet ist. Ich habe z.B. ein Auto gemietet und bin damit in die Nationalparks gefahren oder über die  Great Ocean Road zum Angeln. Das ist ja auch ein Hotspot für Backpacker. Man sollte sich dabei nicht nur auf die bekannte Ostküste versteifen. Das ist zwar wunderschön aber auch überlaufen. Wenn man das richtig wahre Australien sehen will würde ich nach Südaustralien oder nach Westaustralien gehen. Das sind so meine Geheimtipps. Dafür müsste man sich aber wahrscheinlich ein Auto besorgen, weil das nicht so mit dem Bus zu bereisen ist wie die Ostküste. Aber dort hat man noch Strände für sich alleine. Dort sind die schönsten Plätze wenn es um die Natur geht. Klar, die Städte sind cool, aber das ist nicht das, was Australien ausmacht. Die besten Zeiten hatte ich nicht in den Städten sondern in der Natur.“

Neben der tollen Zeit und den zahllosen Eindrücken vor Ort, kann ein solcher Auslandsaufenthalt auch eine wichtige Station sein, die eigene Zukunft zu planen.

„Man macht Erfahrungen, die einen verändern. Ich bin selbstständiger und reflektierter geworden. Es ist ja das erste Mal, dass man auf sich alleine gestellt ist, alleine wohnt, alleine Geld verdienen muss, arbeiten geht. Das hat mich schon weitergebracht. Es war also für mich ein sehr wichtiger Schritt, ohne den ich jetzt nicht hier wäre wo ich gerade bin. Auf lange Sicht macht es einfach etwas mit einem. Davor wusste ich ja wirklich gar nichts und jetzt weiß ich wenigstens wohin ich will. Dementsprechend habe ich auch meinen Studiengang ausgewählt: International Tourism Management. Ich wusste, dass ich etwas machen möchte, was mir auch die Möglichkeit bietet, irgendwann in Australien oder zumindest im Ausland zu arbeiten. Ich bin jetzt im fünften Semester und mache nächstes Jahr meinen Bachelor. Anschließend dann vielleicht meinen Master im Ausland."

Die Zeit im Ausland sieht Christopher keineswegs als verschwendete Zeit an, sondern rät jedem, sich bewusst diese Auszeit vor der eigentlichen Berufswahl zu nehmen.

„Klar gibt es auch die Bedenken, ich könnte in der Zeit ja auch eine Ausbildung beginnen oder arbeiten. Aber ehrlich gesagt: ich glaube es sieht nicht so verkehrt aus auf dem Lebenslauf, auch die Arbeitgeber wissen ja, dass man sich bei sowas weiterentwickeln kann. Außerdem hat man nicht den Druck: ich muss jetzt in irgendetwas reingehen, wo man eigentlich gar keine Lust hat, einfach nur, weil man muss oder sollte oder von außen gesagt bekommt.  Man hat Zeit sich kennen zu lernen und herauszufinden, was einem Spaß macht. So war es zumindest bei mir. Ein Jahr Auszeit und sich ohne schlechtes Gewissen weiter zu entwickeln. Das lohnt sich.“